Websites günstig analysieren und testen

Freitag, 3. Februar 2012



Als das Team hinter Zehntausenden von Googles Informations-Webseiten hat das Webmast er Team (auf Englisch) die Aufgabe, Tipps und Ratschläge auf Grundlage von Erfahrungen zu geben, die es in der Praxis gemacht hat.

Wenn ihr die Nutzung eurer Website noch nie zuvor getestet oder analysiert habt, so fragt euch einmal, ob ihr wirklich wisst, ob die Website tatsächlich für eure Zielgruppe geeignet ist. Solltet ihr euch nicht sicher sein: Was spricht dagegen, es herauszufinden? Wusstet ihr beispielsweise, dass der durchschnittliche Nutzer 5,9 Mal öfter nach unten scrollt als nach oben, was bedeutet, dass Seiteninhalte praktisch "verloren" sind, nachdem sie überscrollt wurden? Weitere Informationen hierzu erhaltet ihr in Jakob Nielsens Untersuchungen zum Scrollen (auf Englisch), in denen er zeigt, dass Nutzer grundsätzlich bereit sind, zu scrollen, dies aber häufig nur mit Einschränkungen tun.

Werft zudem einen Blick auf eure Statistiken. Dabei solltet ihr auf die hohen Absprungraten auf bestimmten Seiten oder die viel zu klein geratenen Aufenthaltszeiten achten.

Zuerst an den Nutzer denken

Die Einführung eines neuen Webprojekts, etwa einer neuen oder generalüberholten Website, ist der perfekte Zeitpunkt, um bestimmte Fragen zu stellen:
  • Wie könnten Nutzer auf eure Website zugreifen: zu Hause, im Büro, unterwegs?
  • Wie technikversiert sind die Besucher?
  • Wie vertraut sind die Nutzer mit den Inhalten eurer Website?

Die Antworten auf diese Fragen können bei frühen Design-Entscheidungen sehr wertvoll sein.

Wenn Nutzer beispielsweise mit hoher Wahrscheinlichkeit von unterwegs auf die Website zugreifen, könnten sie wenig Zeit dafür haben, die von ihnen benötigten Informationen auf eurer Website zu finden, oder sich in einer Umgebung befinden, die sie ablenkt oder ihnen nur eine langsame Datenverbindung ermöglicht. Daher kommt für dieses Szenario am ehesten ein einfaches, zielgerichtetes Layout infrage. Solltet ihr zudem Inhalte für weniger technikversierte Nutzer bereitstellen, achtet darauf, dass es nicht zu schwierig ist, an die Inhalte zu gelangen. Eine Animation kann eine toller Hingucker sein, aber nur, wenn der Nutzer sie auch zu schätzen weiß und es dadurch nicht erschwert wird, auf die Inhalte zuzugreifen.

Selbst ohne eine Testphase kann die Erstellung eines einfachen Nutzerprofils ( Persona ) dabei helfen, das Design zum Vorteil der Nutzer zu gestalten. Dabei muss es sich nicht um eine vollständige Biografie handeln, es reichen auch einige grundlegende Bestimmungen zu den Gewohnheitsmustern eurer Nutzer aus.


Einfache Tests

Tests müssen nicht teuer und aufwändig sein. Ihr könnt beispielsweise eure Freunde und Familie um Unterstützung bitten. Einige Hinweise:
  • Anzahl der Testpersonen: Schon fünf Personen können ausreichen, um häufigen Problemen in euren Layouts und der Navigation auf die Spur zu kommen. In diesem Artikel von Jakob Nielsen (auf Englisch) findet ihr weitere Informationen dazu, warum eine geringe Anzahl an Testpersonen ausreicht.
  • Auswahl der Tester: Ein gewisses Spektrum an unterschiedlicher technischer Befähigung kann nützlich sein, achtet jedoch darauf, das Augenmerk auf Trends und nicht auf vereinzelte Probleme zu legen. Wenn etwa die Hälfte eurer Tester dasselbe Problem bei der Bedienung hat, handelt es sich dabei höchstwahrscheinlich um ein relevantes Problem.
  • Testort: Besucht, sofern möglich, die Nutzer zu Hause, und seht dabei zu, wie sie die Website verwenden. Beobachtet, wie die Person sich normalerweise im Web verhält, wenn sie entspannt ist und sich in ihrer vertrauten Umgebung befindet. Ihr könnt auch Remote-Tests durchführen, wenn es euch nicht möglich ist, persönlcih beim Text dabei zu sein. Wir wissen aus guter Quelle, dass sich Google+ Hangouts hervorragend dafür eignen ( weitere Informationen zu Google+ Hangouts ).
  • Testverfahren: Definiert auf Grundlage der Ziele eurer Website vier oder fünf einfache Aufgaben, die die Nutzer auf eurer Website durchführen sollen. Bittet eure Tester darum, bei der Durchführung laut zu denken, damit ihr ihre Erfahrungen und Gedankengänge besser verstehen könnt.
  • Testelemente: Einfache Prototypen in Form von klickbaren Bildern und Dokumenten (etwa PDF) oder HTML können zum Testen grundlegender Interaktionen herangezogen werden, sodass keine vollständige Test-Website erstellt werden muss. So könnt ihr verschiedene Navigations- und Layoutoptionen testen und damit vor der Umsetzung herausfinden, wie gut sie funktionieren.
  • Was nicht getestet werden sollte: Legt euer Augenmerk auf Funktionalität statt grafische Designelemente, da diese häufig subjektiv bewertet werden. Relevantes Feedback zum Design erhaltet ihr nur bei quantitativen Tests mit großen Nutzerzahlen von über 200, außer ihr verwendet zum Beispiel Farben auf eurer Website, die den Inhalt unlesbar machen. Das wäre gutes Feedback. Eine Methode, um gutes Design-Feedback zu erhalten, wäre die Angabe von fünf bis sechs Stichwörtern, aus denen die Nutzer die passendsten auswählen sollen.

Im Allgemeinen sind einfache Tests am besten dazu geeignet, um herauszufinden, wie gut die Funktionalität der Website ist, also wie leicht Informationen gefunden werden können und wie gut häufige Website-Interaktionen funktionieren.


Erkenntnisse

Falls ihr euch immer noch nicht sicher seid, ob sich diese Analysen und Tests lohnen, möchten wir euch einige Erkenntnisse präsentieren, die wir nur gewonnen haben, da wir Nutzern bei der Verwendung unserer Seiten zugesehen oder Webzugriffe analysiert haben.

  • Seid vorsichtig, wenn ihr Layouts verwendet, die Inhalte ein-/ausblenden: Wir haben herausgefunden, dass Nutzer oft nicht merkten, dass zusätzliche Inhalte verfügbar waren, wenn Skripts zum Maximieren und Minimieren langer Textpassagen zum Einsatz kamen. Die von JavaScript bereitgestellten Inhalte waren sozusagen "versteckt", wenn der Nutzer etwa mit STRG+F auf der Seite suchte, was oft vorkam.


Drahtmodell des Layouts getestet, komprimierte Inhalte
unten links


Endgültiges Seitendesign mit Ankerlinks oben und den Inhalten
im Hauptteil der Seite

  • Auf Sprache achten: Text in Titeln, Links und auf Schaltflächen ist das erste, was Nutzern ins Auge fällt, wenn sie eine Seite überfliegen. Vermeidet den Text "Weitere Informationen" im Linktext, da Nutzer anscheinend ein Problem damit haben, auf einen Link zu klicken, bei dem sie sich womöglich mit mehr Informationen auseinandersetzen müssen. Verwendet stattdessen eine konkrete Beschreibung des Inhalts, der sich hinter dem Link verbirgt. Achtet dabei darauf, dass der Linktext Sinn ergibt und auch ohne Kontext einfach zu verstehen ist, denn eben danach wird in der Regel Ausschau gehalten. Achtet auf die Sprache und gestaltet Schaltflächentext anschaulich, einladend und interessant.
  • Seiten bei langsamerer Verbindung testen: Probiert eure Seiten über verschiedene Netzwerke aus, etwa über die WLAN-Verbindung eines Internet-Cafés in der Nähe oder bei einem Freund zu Hause. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn eure Zielgruppe eure Seiten wahrscheinlich über eine Verbindung bei sich zu Hause aufrufen, die nicht so schnell ist wie euer Büronetzwerk. Wir haben in einigen Fällen eine deutliche Verbesserung der CTR und Website-Aufenthaltszeiten beobachtet, nachdem wir geskriptete Animationen einfacher und schneller gestaltet haben. Tipp: Verwendet Page Speed von Google, um die Geschwindigkeit zu testen, wenn ihr keinen Zugang zu langsameren Verbindungen habt.

Wenn ihr euch also scheinbar in einer ewigen Weiterentwicklungsschleife befindet, könnt ihr in Zukunft Zeit sparen, indem ihr vorher ein wenig Zeit in Nutzerprofile und einfache Tests investiert. So besteht eine bessere Chance, dass ihr den richtigen Ansatz für euer Website-Layout und eure Website-Architektur wählt.

Wir freuen uns sehr über Kommentare von euch: Habt ihr schon Tests zur Website-Benutzerfreundlichkeit gemacht? Wenn ja, wie seid ihr zurecht gekommen und was sind eure einfachen und kostengünstigen Tricks, um das Meiste aus den Tests herauszuholen?


Veröffentlicht von Uli Lutz , Search Quality